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Kennt ihr dieses Phänomen, dass euch dieses oder jenes Genre früher oder später einfach zum Halse heraushängt?
Nein?
Gut, ich kannte es bis vor Kurzem auch nicht. Aber wie ich nun so drüber nachdenke, wird mir klar, dass ich von Zeit zu Zeit ganz unbewusst das Genre wechsle. Konnten mich früher die Romane von Ken Follett begeistern und wurden von mir mehr eingeatmet, als nur „gelesen“, folgten darauf Krimis, wie die Taunaus-Reihe von Nele Neuhaus und „Frauenromane“ à la „Anne Hertz“, Kerstin Gier, Nora Roberts und Co.
Nun, da mir Herzschmerz und Drama langsam wirklich aus den Ohren hervorkommt, habe ich mich unbewusst wieder auf die Suche nach einem „neuen“ Genre gemacht und bin unweigerlich bei Jeffrey Archer und seiner Clifton-Saga hängen geblieben.
Über Teil 1 („Spiel der Zeit“) habe ich euch vor einiger Zeit schon berichtet und meine Begeisterung hält weiterhin an. Daher war es natürlich völlig klar, dass Teil 2 und Teil 3 ganz oben auf meiner Leseliste stehen werden.
Vorgestern ist mit „Im Schatten unserer Wünsche“ Teil 4 erschienen, auf den ich ebenfalls schon sehr sehr gespannt bin.
Heute soll es aber erst einmal um Teil 2 „Das Vermächtnis des Vaters“ gehen.
Warum geht es?
Harry Clifton, aufgewachsen bei den Hafendocks in Bristol, und Giles Barrington, Nachkömmling einer großen Schifffahrt-Dynastie, verbindet seit ihrer Jugend eine tiefe Freundschaft. Aus der Enge des Arbeitermilieus hat Harry es auf eine Eliteschule geschafft und steht als junger Mann jetzt an der Seite seiner großen Liebe Emma, der SChwester von Giles.
Mit dem Eintritt Englands in den Zweiten Weltkrieg 1939 werden die Schicksale beider Familien erschüttert. Giles gerät in Kriegsgefangenschaft und Harry verschlägt es von Bristol nach New York, wo er eines Mordes angeklagt und verhaftet wird.
Emma macht sich auf, um den Mann zu retten, den sie liebt….
Rezension:
Der Auftakt der Saga endete fumlinant mit einem Cliff-Hanger, der seinen Namen verdient hatte. Harry betritt amerikanischen Boden und wird des Mordes beschuldigt. Sein weiteres Schiksal ungewiss.
An dieser Stelle holt Jeffrey Archer seine Leser zu Beginn von „Das Vermächtnis des Vaters“ ab. Zunächst sah ich mich konfrontiert mit einer Reihen von Fakten, die ich erst einmal neu sortieren und einordnen musste, denn die Clifton-Saga ist definitiv eine dieser Reihen, die man in kurzen Zeitabständen genießen sollte, um voll im Bilde zu bleiben.
Anders als bei anderen Reihen kann ich hier nicht empfehlen, die vorgesehene Reihenfolge zu sprengen. Wer Teil 1 nicht gelesen hat, wird es mit den Folgebänden schwer haben, da Archer schon einiges an Vorwissen voraussetzt.
„Das Vermächtnis des Vaters“ startet in den 40ern und wandert im Gegensatz zu seinem Vorgänger über die Kontinente. England, Amerika, Deutschland und in einem kurzen Abstecher die Schweiz, sind Schauplätze des Geschehens. Anders als in „Spiel der Zeit“ steht Harry Clifton nur punktuell im Vordergrund. Protagonisten des zweiten Bandes sind die Geschwister Barrinton, was dem Buch und er ganzen Reihe meiner Meinung nach sehr gut tut.
Ein Kniff, für den man Jeffrey Archer wirklich nu in höchsten Tönen loben kann, denn so hält er die Spannung des Gesamtgeschehens hoch, ganz gleich ob das Buch tatsächlich hochspannende Passagen hat oder nicht. Die Geschichte bleibt interessant.
Hatte ich bezogen auf Teil 1 noch die wechselnden Erzählperspektiven (Harrys Sicht, Giles Sicht, Emmas Sicht) hinterfragt und kritisch gesehen, so begeistern sie mich in „Das Vermächtnis meines Vaters“ zusehens. Anders als in „Spiel der Zeit“ verzichtet Archer beinahe gänzlich darauf, Situationen wiederholt aus verschiedenen Sichtweisen zu erzählen, was der gesamten Geschichte das zusätzliche i-Tüpfelchen beschert.
Grundsätzlich bin ich ein Fan historischer Romane, doch tat ich mich zuletzt schwer mit Geschichten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Zu oft hatte ich Bücher mit diesem Themenschwerpunkt gelesen. Zu viel Krieg, zu viel NS-Zeit, zu viel düstere Stimmung, zu viel Erinnung an fatale Entscheidungen in unserer Geschichte.
Doch Jeffrey Archer schaffte es, mich durch diese Passagen rund um die Kriegszeit zu manövrieren, ohne dass ich das Gefühl bekam, diese oder jene Situation schon hundertmal als Leser „gelebt“ zu haben.
Im Gegenteil! Archer stellt Kriegsmomente, das Leben zu dieser Zeit und die Beklemmung und Ungewissheit jener Tage anschaulich und (in meinen Augen) realistisch dar, ohne zu langweilen und ohne zu erzählen, was divere Autoren vor ihm schon erzählt haben. Zusätzlich verlagert er Schwerpunkte, richtet das Augenmerk auf Themen, die in Romanen jener Zeit selten Platz neben Krieg und NS-Diktatur finden.
Wie ist es, in den 40ern als junge Frau von England in die USA zu reisen? Wie sehr unterscheidet sich die dortige Justiz von dem, was wir über unsere Justiz jener Tage zu wissen glauben. Wie war er wirklich, der Alltag in deutschen Gefangenenlagern?
Zwar misst Archer all jenen Punkten kein tragendes Gewicht seines Romanes zu, dennoch würzt er die Story genau mit diesen kleinen Aspekten und macht sie zu etwas Großem.
Fazit:
Jeffrey Archer ist ein Meister, wenn es darum geht, große Geschichten zu erzählen. Wer historische Romane liebt und sich gerne in alte Zeiten versetzen lässt, der kommt an der Clifton-Saga nicht vorbei. Die Angst schon wieder „nur einen Roman aus dem Zweiten Weltkrieg“ in den Händen zu halten, ist absolut unbegründet. „Das Vermächtnis des Vaters“ hält nahtlos die Klasse seines Vorgängers und begeistert ebenfalls auf ganzer Linie.
Mit 5 von 5 Sternen kann ich nur eine absolute Leseempfehlung aussprechen!
Kennt ihr die Reihe und habt sie vielleicht schon (komplett?) gelesen?
Oder sind historische Romane so gar nicht euer Fall?
Ich freue mich, euch als neue Follower begrüßen zu können!
Viele Grüße