ich bin zwar schon eine ganze Weil wieder zurück und langam aber sicher ist der kreative Alltag auf diesem Blog eingekehrt, trotzdem möchte ich das Kapitel Kambodscha nicht so einfach schließen, ohne euch alles erzählt zu haben.
Denn so zauberhaft dieses Land auch ist, es hat eben auch dunkle Zeiten hinter sich und zählt nicht ohne Grund nun zu den Entwicklungsländern dieser Welt.
Zu einem meiner ersten Posts aus Phnom Penh schrieb eine liebe Leserin, dass sie es spannend findet, mich auf die Suche nach dem „wahren“ Kambodscha zu begleiten.
Nun, ob ich es in der kurzen Zeit gefunden habe, weiß ich nicht.
Ich habe auf jeden Fall ein paar Wahrheiten mit nach Deutschland und mit in „meine Welt“ genommen.
Es sind Bilder und Eindrücke, die bei mir oft hängen bleiben, nicht die ellenlangen Texte in Reiseführern, Erklärungen in Museen oder dergleichen. Ein Bild, das sich mir eingebrannt hat, wie kein anderes, war das eines kleinen Jungen am Straßenrand irgendwo zwischen Phnom Penh, Siem Reap oder der Grenze zu Thailand.
Ein kleiner Junge vom Land, nicht im Ansatz so privilegiert, wie die Kinder in der Stadt, bei weitem nicht so privilegiert, wie wir in Europa und erst recht nicht so gesegnet, wie viele Kinder in Deutschland.
Er stand am Straßenrand, lachend und winkend, mit einem Stück aus einem alten Reissack, das er zu einem Drachen gebaut hatte.
Ein Drache, der niemals fliegen konnte und trotzdem rannte der Junge fröhlich mit ihm unserem Bus hinterher und schien zufrieden.
„Remember: Someone is happy with less than you have“
Wahre Worte, wenn ihr mich fragt, denn wenn ich in diesem Land, 10.000km von uns entfernt eines gelernt habe, dann Zufriedenheit.
Obwohl man dort so oft mit (in unseren Augen) Missständen konfrontiert wird, mit Provisorien, die uns Gruseln lassen, mit Armut, mit weniger als wenig, so hatte ich zumindest niemals das Gefühl unglückliche Menschen zu treffen.
Ich habe für mich in jedem Fall den Gedanken mitgenommen, Wertschätzung neu zu lernen, denn unsere Westler-Probleme sind nicht die, die die Welt tatsächlich aus den Fugen heben.
Versteht mich nicht falsch, ich stelle niemanden an den Pranger dafür, dass ihm (überspitzt gesagt) die Wahl zwischen neuem IPhone 5 und dem alten Vierer ein ernsthaftes Problem bereitet, ich verurteile niemanden dafür, dass er unglücklich ist, weil er die neusten LEs einfach nicht findet oder sie schon abgegrast sind.
Wir arbeiten alle (hart) für unseren Wohlstand und doch haben wir eben auch Glück gehabt, dass wir auf dieser (Sonnen-)Seite der Erde gelandet sind.
Daran sollten wir uns wohl ab und an mal wieder erinnern.
Das Highlight an Kambodscha sind die Menschen, sagt meine Hälfte gerne und auch das stimmt.
Trotzdem fragte ich mich mehr als ein Mal, warum sich niemand gegen die Diktatur, gegen die strengen Regeln und gegen das noch immer herrschende Regime wehrt.
Denn auch heute noch ist Kambodscha keinesfalls ein freies Land.
Die Medien sind nach wie vor regierungsbestimmt und dass Phnom Penh zum Besuch von Barack Obama im vergangenen Winter auf Links gekrempelt und von „unschönen“ Dingen wie Bettlern und Obdachlosen befreit wurde, wissen auch nur die, die es vor Ort mit eigenen Augen gesehen haben.
Trotzdem sind die Kambodschaner zufrieden und wenn man sich etwas auf die Geschichte des Landes einlässt, dann versteht man auch schnell warum.
Das Land ist schlicht müde, gebeutelt von Gewalt und der Schreckensherrschaft der Roten Khmer und sehnt sich nach Frieden.
Ich habe mich einige Tage davor gedrückt, die Stätten der Gewalt, die Killing Fields und das Tuol Sleng Gefängnis zu besuchen, die das Land doch eben so prägten und ohne deren Besuch man wahrscheinlich gar nichts versteht.
Mein Blog ist der falsche Ort, um über die Gräueltaten und das Schicksal der Menschen zu philosophieren und wahrscheinlich habe ich nicht mal im Ansatz genug Wissen, um es euch korrekt zu erzählen.
Trotzdem möchte ich ein paar Bilder mit euch teilen und euch wenigstens ein bisschen verstehen lassen, was dieses blühende Land zu dem gemacht hat, was es heute nur noch ist.
Das Tuol Sleng Gefängnis, eine alte Grundschule, die fast unschuldig mitten in den Straßen von Phnom Penh liegt und für viele Menschen während der Zeit der Roten Khmer die letzte Station vor ihrer Hinrichtung war.
Bilder, die mir nicht aus dem Kopf gehen.
Der wunderschöne alte Magnolienbaum und direkt daneben der Holz-Galgen, an dem getötet und gefoltert wurde.
Eine ironische Kombination, wenn ihr mich fragt.
Wenn der Klassenraum, zur Zelle wird.
Haben wir nicht alle mal in jungen Jahren genau diesen Gedanken gehabt, wenn wir in die Schule mussten?
Nun, dieser ehemalige Klassenraum wurde zu einer Einzelzelle für gehobene Gefangene umfunktioniert. Ein sehr beklemmendes Gefühl, dort drin zu stehen und zu wissen, dass die Menschen, die es vor mehr als 20 Jahren getan haben, wussten, dass sie hier auf ihren Tod warten würden.
Die „Killing Fields“ außerhalb von Phnom Penh, auf denen die Insassen der Gefängnisse hingerichtet und in solchen Massengräbern „beerdigt“ wurden sind ebenfalls ein Ort voller Ironie.
Friedlich liegen die Felder vor einem, wenn man sie heute betritt, doch wann immer man genauer hinsieht und auf dem Boden noch heute Stoffreste von Gefangenenkleidung zwischen den Baumwurzeln entdeckt, wird man erinnert, dass dieser Boden mit Blut getränkt ist.
Eine besonders schöne Geste waren für mich diese Bändchen, die an allen Zäunen der gefundenen Massengräber hingen. Wahrscheinlich kommen sie aus aller Welt, von Menschen unterschiedlichster Herkunft und mich unterschiedlichsten Geschichten.
Leider trug ich am Tag meines Besuches keinen Schmuck, doch gerne hätte ich auch ein Band als Zeichen meiner Anteilnahme dort gelassen.
Meine Lieben, ich glaube dieser Post ist mit Abstand einer derjenigen, die mir am meisten Mühe bereitet haben und mir am meisten an die Nieren gegangen ist. Vielleicht passt er mit seiner Nachdenklichkeit auch so gar nicht in die bunte und fröhliche Kreativwelt, die ich hier versuche zu erschaffen.
Trotzdem wollte ich auch diese Seite meiner Reise mit euch teilen und hoffe, es ist mir gelungen.
Eine Übersicht über alle meine Stationen findet ihr nun hier unten und unter der Rubrik „Verreisen“.